Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag fordert sicherzustellen, dass Frauen nicht die Hauptlast der Corona-Krise tragen. Die schwarzgrüne Landesregierung ignoriere, welche tatsächlichen Belastungen die Frauen in den vergangenen Monaten getragen hätten und immer noch trügen, so die SPD-Abgeordnete Nadine Gersberg.
Gersberg sagte am Montag in Wiesbaden: „Auch wenn jetzt viele Väter das Homeoffice für sich entdeckt haben – den Großteil der so genannten Care-Arbeit tragen wie immer die Frauen. Sie bleiben eher im Homeoffice, während die Männer weiter ins Büro fahren. Sie kümmern sich um die zu pflegenden Angehörigen, sie machen das Homeschooling, sie kümmern sich um die Hausarbeit. Dies alles bedeutet in Zeiten nicht ausreichender Kinderbetreuung einen Roll Back in Sachen Gleichstellung.“
Die Abgeordnete kritisierte, es werde allzu leicht hingenommen, dass Mütter im Notfall ihren Beruf zurückstellten oder gar kündigten, wenn die Kinderbetreuung nicht mehr gewährleistet sei. Frauen riskierten einen Karriereknick, weil es unmöglich sei, alle Aufgaben zeitgleich gut zu bewältigen. Die Doppel- und Dreifachbelastung führe zudem zu gesundheitlichen Problemen. „Viele Frauen sind bereits am Rande der totalen Erschöpfung und landen mit einer Burnout-Diagnose beim Arzt“, so Gersberg.
Dabei seien es vor allem die Frauen, die mit ihrer Arbeit das Gesellschaftssystem zusammenhielten: „Alten- und Krankenpflegerinnen, Erzieherinnen, aber auch Verkäuferinnen werden viel zu gering bezahlt. Der von der Bundesregierung beschlossene Corona-Bonus ist eine gute Sache, aber es muss sich auch strukturell etwas ändern, die Entlohnung muss dauerhaft besser werden. Hessen könnte mit einer entsprechenden Bundesratsinitiative nach vorne gehen und Akzente setzen“, forderte Nadine Gersberg.
Ein zusätzliches Problem sei, dass in der Corona-Krise die Fälle von häuslicher Gewalt zunähmen. Es werde nun deutlich, dass die CDU-geführten Landesregierungen es seit 1999 versäumt hätten, die Frauenhäuser in Hessen mit ausreichenden und verstetigten Mitteln auszustatten. So gebe es viel zu wenige Plätze in den hessischen Frauenhäusern. Auch die Stellen zur Schwangerenkonfliktberatung, die in der Krise komplett auf Videoberatung umstellen mussten, seien seit Jahren nicht ausreichend ausgestattet, kritisierte Gersberg.
Sie sagte: „Ich sehe nicht den kleinsten Ansatz der schwarzgrünen Landesregierung, die Auswirkungen der Krise auf Frauen abzumildern. Das Thema wird einfach hingenommen und totgeschwiegen. Das ist auch kein Wunder, denn das gesamte politische Corona-Kabinett besteht ausschließlich aus Männern. Dabei haben wir doch weibliche Ministerinnen, warum wird ihre Expertise nicht mit herangezogen?“
Der Antrag der SPD-Fraktion fordert unter anderem eine paritätische Besetzung des Kabinetts. Wichtig sei auch, dass die Landesarbeitsgemeinschaft hessischer Frauen- und Gleichstellungsbüros ebenfalls in die Diskussionen um Maßnahmen zur Krisenbewältigung mit beratender Funktion einbezogen würden.
„Das im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung verankerte Ziel der Durchsetzung der Gleichberechtigung der Geschlechter ist in dieser Corona-Krise mehr denn je in Gefahr. Jetzt müssen Maßnahmen ergriffen werden, die einen Roll Back verhindern und gerade jetzt in der Corona-Krise die Gleichstellung deutlich vorantreiben“, so Nadine Gersberg.